Ein Artikel aus der Reihe „Ans Werk“ der Salzburger Nachrichten von Bernhard Flieher:

Das Gewirr im Kopfhörer lösen

• Salzburger Nachrichten, 13 Jan 2012, BERNHARD FLIEHER

Megashow. Frank Lischka bespielt große Räume. Dabei gilt es, den Überblick zu behalten und doch auf Feinheiten zu achten.

Bild: Frank Lischka inszeniert im Bergisel-stadion in Innsbruck.

SALZBURG, INNSBRUCK (SN).
In der Tiefe seiner Stimme liegt jene Ruhe, die Frank Lischka ausstrahlen muss. Sein Job ist es, ein Fels zu sein in einem Meer aus Aufregung. Überblick behalten – neben künstlerischer und technischer Kompetenz steht das ganz weit oben in seinem Jobprofil. Und beim Blick in das Bergisel-stadion wird klar, warum das so ist. Das riesige Rund ist heute, Freitag, Lischkas Bühne.

Bei der Eröffnungsfeier der ersten Olympischen Jugendspiele in Innsbruck führt er Regie. Vor gut einem Jahr bekam der Wahlsalzburger den Zuschlag. Er arbeitete eine Story aus. Er schrieb die Texte, er suchte Künstler und Darsteller. Details über den Inhalt verraten darf er nicht. Der Inhalt von Eröffnungsfeiern bei Olympischen Spielen wird wie ein Schatz gehütet. Aber wie geht das, so ein Riesending zu dirigieren?

Lischka schaut auf Computermonitore und Mischpulte. Er trägt Kopfhörer, hängt an vielen Funkkanälen. Bei ihm läuft alles zusammen. Nach der Ausarbeitung der künstlerischen Idee gehe es bei der Umsetzung solcher Großkunstwerke in erster Linie um „reibungslose Kommunikation“. Dafür brauche man einen „Overview-Typen“. Eine passendere Bezeichnung als „Regisseur“.

Künstler und Hunderte Freiwillige sind auf dem Bergisel im Einsatz. Nicht nur bei der Show, auch rundherum. Zu Beginn der Woche musste das Bundesheer das Schneechaos beseitigen, damit die Arbeit weitergehen konnte. „Da lebt ein Geist, den ich so noch nirgends spürte“, sagt Lischka im SN-gespräch. Das überwältigt ihn mehr als die „Kraft der Zahlen“ dieser Mammutshow.

Große Bühnen kennt der 48Jährige. In den vergangenen Jahren koordinierte er unter anderem Air Races und deren Begleitprogramm. Er kommt aber vom Theater. „Das ist meine Welt“, sagt er. Im Vergleich zu Stadien ist das eine kleine, überschaubare Welt. Lischka studierte Lichtdesign und Veranstaltungstechnik. Er arbeitete an großen Häusern mit Regisseuren wie Robert Wilson, Peter Sellars, Hans Jürgen Syberberg.

Ein Gefühl für den Raum, für dessen Ausstrahlung müsse man für jede Inszenierung entwickeln. „Wie soll ich etwas bespielen, beleuchten oder beschallen, für das ich keine Gefühl entwickle“, sagt Lischka. Oft saß er in Regieteams und brachte sein Gefühl ein. „Ich habe da so viel gelernt, dass irgendwann der Zeitpunkt kam, an dem ich beschloss, ich will das auch einmal selbst machen.“

1992 kam er von Berlin nach Salzburg, arbeitete für die Szene und war beteiligt am Umbau des Stadtkinos zu einem Multifunktionssaal. Er gehört zum Team der lawine torrèn – unter anderem bei Großprojekten wie der Linzer Klangwolke. Mit lawine-torrènRegisseur Hubert Lepka verbinde ihn nach einer Zusammenarbeit von fast zwei Jahrzehnten „so etwas wie blindes Verständnis“. Immer wieder war es in ihrer Arbeit darum gegangen, „Welten, die wenig miteinander zu tun haben, zu einem Kunstwerk zusammenzubringen“. Kräne und Schauspieler oder Tänzer und Rennautos wie bei einer Jochen-Rindt-oper vor zwei Jahren auf dem Salzburgring.
Auf dem Bergisel gilt diese Grenz- und Genreüberschreitung auch wieder. „Es geht mir darum, Welten zu verbinden, Tradition mit Moderne, Ländliches und Urbanes“, sagt Lischka.

Und wenn doch etwas aus dem Ruder läuft? „Ich spüre am Funk manchmal schon an der Stimme, dass irgendwo Nervosität herrscht“. Das sei eine gute Voraussetzung, um rechtzeitig „mit Feingefühl“ zu reagieren, damit die Sache laufe.